Preisverleihung 14. Oktober 2024
Preisverleihung 14. Oktober 2024
Leute werden verschleppt, verschwinden, werden eingesperrt oder gefoltert. Amy arbeitet für einen privaten Sicherheitsservice, sie kann die Korruption und Gewalt nur ahnen, die sich als Abgrund hinter den geheimen Operationen abzeichnet. Als sie beschließt auszusteigen, gerät sie endgültig in die Fänge einer undurchsichtigen, aber brutalen Organisation. Amys Verlorenheit korrespondiert mit dem Ringen um die Wahrnehmung der Realität. Was kann sie glauben? Wer ist sie selbst? Und vor allem: Was passierte an dem Tag, an den sie sich nicht erinnern kann? Ein Roman, der nach dem Ort des Individuums in einer zunehmend privatisierten Öffentlichkeit fragt.
Zeitgenössisch und sprach-körperlich nutzt dieser Roman die Möglichkeiten des Fiktionsspiels um Wahrnehmungsverschiebungen und Wirklichkeiten im Schlittern einer Figur, die im gewalttätigen Zwischenreich der Sicherheitsindustrie arbeitet. Reale und real gespielte Gewalt verschwimmen, die Grenzen - man könnte auch sagen: Möglichkeiten zu Berührung - zwischen Dingen, Menschen, Erinnerungen und Ich werden fraglich. Stockungen der Sprache sind Stockungen der Gewissheiten. Es entsteht ein mit Menschenkenntnis und Beobachtungsschärfe für unsere Gegenwart entworfenes Psychogramm einer jungen Frau und der sie umgebenden Menschen-Landschaft, erzählt in perfekt rhythmischem Ton mit Störgeräusch. Durch ungewisse Räume treiben Geld und Gewalt, schmeichelnd, gleisnerisch, zerstörerisch, aufgestörte Menschen vor sich her.
Am Morgen verabschiedet sich die zwanzigjährige Nelia Fehn von ihrem toten Großvater, am Abend sitzt sie als jüngste Autorin bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises. In Frankfurt trifft sie ihren leiblichen Vater das erste Mal. Auf der Buchmesse wird sie gefragt, warum sie denn nun einen Roman geschrieben habe. »Sie hatte nur nicht sagen können, was sie da gemacht hatte. Oder warum. Sie hatte nur einfach geschrieben und jetzt war das ein Roman, und das Leben ging weiter. Sie wußte nicht einmal, ob sie wieder schreiben wollte. Weiter schreiben.« Marlene Streeruwitz gewährt uns einen Insider-Einblick in das Literaturgetriebe, und es gelingt ihr, aus dem Ende der Literatur Literatur zu machen.
Stockholm im März. Nach einem schweren Winter hat es immer noch minus 15 Grad, und das Eis knirscht unter Adeles Schritten. Als sie von Einkäufen zurückkehrt, sieht sie ihren Geliebten von weitem das Haus verlassen und geht ihm nach. Je näher sie ihm kommt, desto unsichtbarer wird er. Warum laufen wir immer den gleichen Bildern hinterher? Worauf ist eigentlich Verlass? Und warum muss die Liebe zur Hölle werden? In einer Welt, in der sich die Warteschleife als Wahrheit erweist, bewegt sich Adele auf dem schmalen Grat zwischen Befreiung und Selbstverlust: "Sie durfte sich nicht aus sich selbst verjagen lassen. Sie musste langsam und vorsichtig denken." Durch eine verräterische Liebesgeschichte entfaltet sich in Marlene Streeruwitz‘ furiosem Roman die Krise der Gegenwart.