Preisverleihung 14. Oktober 2024
Preisverleihung 14. Oktober 2024
Das sozialistische Prag hat mit den Jahren seinen Glanz verloren und Georg nutzt alle sich bietenden Freiräume, um auszubrechen. In einer Gesellschaft, die von den Rändern her vergammelt und sich von innen auflöst, mobilisiert er alle Kräfte, um neben der Mutter auch dem stickig-klebrigen Vaterhaushalt zu entkommen, in dem er seine verhassten Wochenenden verbringen muss. Ein mit viel Witz gezeichnetes Psychogramm einer Familie, ein hellsichtiges Porträt einer Stadt, ein erotischer Entwicklungsroman über Widerstände, Schmutz und Schönheit.
Eine Kindheit und Jugend im sozialistischen Prag von den 50er- bis in die 70er-Jahre. Jan Faktor erzählt sie als eine Geschichte voller Witz, durch den die Trauer über so viel dumpf vergeudeter Lebenszeit hindurch scheint. Wo sonst träumen kleine Jungen schon davon, Müllmann zu werden? Wenn Faktor die Mülltonnen über das Prager Altstadtpflaster rauschen lässt, tut er dies so anschaulich, dass man den Schmutz, um den es doch geht, fast vergisst. Dieses Buch in seiner eigenwilligen Lebendigkeit und Melancholie ist die Summe eines ganzen Lebens – und der Triumph darüber.
Das Leben eines selbsternannten Trottels, erzählt von ihm selbst: In Prag studiert er Informatik, hält aber nicht lange durch. Nach einer denkwürdigen Begegnung mit der "Teutonenhorde" zu der auch seine spätere Frau gehört, zieht er nach Ostberlin, taucht ein in die Undergroundszene vom Prenzlauer Berg, gründet eine Familie, erlebt die DDR-Doktrin und die Nachwendejahre. Doch alle Erinnerungen durchzieht eine dunkle Spur: die des Sohnes, der mit dreiunddreißig Jahren den Suizid wählen und dessen Tod alles aus den Angeln heben wird.
Jan Faktors Roman "Trottel" verbindet Zeitgeschichte und Lebensgeschichte auf sehr besondere Weise: Er beschreibt den Weg eines Außenseiters von Prag nach Berlin, vom Arbeitnehmer im realexistierenden Sozialismus zu einem Schriftsteller, der literarische Trauerarbeit leistet. Im Kern des Romans steht der Verlust eines Sohnes. Faktor gelingt das große Kunststück, mit einer Geschichte über Trauer Witz zu erzeugen. Er zielt auf die DDR ebenso wie auf die bundesdeutsche Gegenwart, auf den Literaturbetrieb und nicht zuletzt auf das eingestandene "Trotteltum" seines Erzählers. Dabei entsteht ein provokanter, bisweilen verstörender Schelmenroman über die Frage, "ob ein Trottel im Leben glücklich werden kann". Es ist ein Buch, das auch gnadenlose, aber sehr hilfreiche Kritik an unserer Gesellschaft übt.