Preisverleihung 14. Oktober 2024
Preisverleihung 14. Oktober 2024
Am Beginn steht eine Erinnerung: vor 25 Jahren irrte in »Faserland« ein namenloser Ich-Erzähler (war es Christian Kracht?) durch ein von allen Geistern verlassenes Deutschland, von Sylt bis über die Schweizer Grenze nach Zürich. In »Eurotrash« geht derselbe Erzähler erneut auf eine Reise – diesmal nicht nur ins Innere seines Ichs, sondern in die Abgründe der eigenen Familie, deren Geschichte sich auf tragische, komische und bisweilen spektakuläre Weise immer wieder mit der Geschichte dieses Landes kreuzt.
Hielt man sich in „Faserland" die Welt mit ölimprägnierten Jacken vom Leib, wird hier der Wollpullover zum fadenscheinigen Dingsymbol. Denn von Verstrickungen bis zurück ins dunkelste Kapitel deutscher Geschichte handelt Christian Krachts herausragender Roman. „Eurotrash" ist ein raffiniertes, ein tragikomisches und mitunter überraschend zart erzähltes Stück autofiktionaler Erinnerung, das die psychologischen Feinheiten einer Mutter-Sohn-Beziehung ergründet und dabei familiäre Schattenwelten aufsucht, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart ragen. Dem Autor gelingt das seltene Kunststück, eine komplexe literarische Poetik in stilistischer Virtuosität zum Leuchten zu bringen.