Preisverleihung 14. Oktober 2024
Preisverleihung 14. Oktober 2024
Am Anfang steht ein Fotoalbum, die ältesten Bilder sind über achtzig Jahre alt: einhundert Fotografien zweier Familien, die eine aus Ostpreußen, die andere aus der Niederlausitz. Zwei Weltkriege, Inflation, Flucht und Vertreibung haben die beiden Familien über fünf politische Systeme hinweg, von der Kaiserzeit bis heute, überlebt. Den Fotografien folgend, erzählt Jirgl Geschichten von Verletzungen, Liebe und Verrat.
Die von Menschen auf Erden angerichteten Desaster haben jedes Maß überschritten. Der Planet ist für die Raubgier der Märkte und Mächte zu klein geworden. Im 23. Jahrhundert beginnt die Auswanderung der Starken und der Eroberer auf Mond und Mars. Sie lassen auf der Erde nur die alte Menschheit zurück, die nun ruhig ihr Erlöschen erwartet. Doch 200 Jahre später erweist sich der Mars endgültig als zu lebensfeindlich. Die neuen Menschen vom Mars kehren zurück und übernehmen brutal die Macht auf der friedlich gewordenen Erde. Was wie eine düstere Zukunftsvision klingt, ist ein hochaktueller Roman über Emigration und Heimkehr.
Reinhard Jirgls Roman führt in eine ferne Zukunft und auf einen anderen Planeten, und doch ist dieser Roman so nah an unserer Gegenwart, wie man es sich nur wünschen kann. Im Konflikt des kriegerischen Mars mit einer zwangsweise sedierten Erde wird nicht weniger verhandelt als die Conditio humana – und das in einer Sprache, die alle Register zieht und alle Grenzen hinter sich lässt. Jirgls virtuose Dystopie bietet nur einen einzigen Fluchtpunkt: die Bücher, die als letzte Überlebende Kunde geben von einer Spezies, die an ihrer eigenen Hybris zugrunde gegangen ist.