Ceremony October 14th 2024
Ceremony October 14th 2024
Was passiert, wenn man der Natur und den eigenen Sinnen nicht mehr trauen kann? "Hysteria" erzählt die Geschichte von Bergheim, der auf einem Biomarkt merkwürdig unnatürliche Himbeeren entdeckt. Auf der Suche nach dem Rätsel ihrer Beschaffenheit und Herkunft gerät er immer tiefer in eine kulinarische Dystopie, in der das Natürliche nur noch als absolutes Kunstprodukt existiert, weil das Künstliche längst alle Natur ersetzt hat. Aber keiner weiß davon. Nur seine Hypersensibilisierung befähigt Bergheim, die unheimliche Veränderung wahrzunehmen und ihr nachzugehen. Alle Fäden laufen im Kulinarischen Institut zusammen, wo er Charlotte wiedertrifft, seine Studienfreundin und ehemalige Geliebte, die nun als Leiterin an der Spitze der Bewegung des "Spurenlosen Lebens" steht. Allein mit Ansgar, dem dritten im Bunde des ehemaligen Uni-Triumvirats, wird es Bergheim gelingen, etwas dagegen zu tun.
»Ich habe mir nie viel aus Kunst gemacht.« Als zufriedener Kunstbanause offenbart sich der Erzähler zu Beginn und berichtet davon, wie Carl, bewunderter Freund, ihn mit seiner Spitzweg-Begeisterung vom Gegenteil überzeugt. Als seine Passion so weit geht, dass er auch vor einem Verbrechen nicht zurückschreckt, wird die einstige Schülerfreundschaft auf ihre schwerste Probe gestellt. Eine dramatische Suche beginnt.
Eckhart Nickel gelingt mit seinem Roman "Spitzweg" Großes: was als Schülergeschichte beginnt, wandelt sich zu einer meisterhaften Reflexion über die Beziehung von Kunst und Leben. Sehr bewusst setzt er sich mit ästhetischen Fragen auseinander, und indem er die Leser*innen zu Schüler*innen macht, werden auch komplexe Diskurse verständlich. Sprachlich souverän und voller Ironie spielt "Spitzweg" mit einer übertriebenen Gelehrsamkeit, mit verschachtelten Satzkonstruktionen und einem antiquiert anmutenden Vokabular. Dabei ist der Roman aller philosophischen Tiefe zum Trotz äußerst temporeich, in manchen Passagen gar komödiantisch. Ein großes intelligentes Lesevergnügen, das uns veranschaulicht, wie auch über Kultur diskutiert werden kann.